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Obwohl es noch immer ein sehr tabuisiertes Thema zu sein scheint, so sind im Alltag doch sehr viele Menschen von Harninkontinenz betroffen. Allein in Deutschland leiden mehr als acht Millionen Menschen an Inkontinenz, aber durchschnittlich geht nur jeder fünfte zum Arzt, um die Situation abzuklären. Dabei ist dies bei Harninkontinenz so wichtig! Durch eine rechtzeitige Behandlung können ca. 80 Prozent der Betroffenen von ihren Beschwerden befreit werden. Den restlichen 20 Prozent könnte durch Beratung und eine gute Ausstattung mit Hilfsmitteln zumindest der Alltag erleichtert werden.
„Harninkontinenz ist die fehlende Fähigkeit des Körpers, den Blaseninhalt sicher zu speichern und den Zeitpunkt der Entleerung selbst zu bestimmen. In der Folge kommt es zu unwillkürlichem Urinverlust.“ So definieren die Deutsche Gesellschaft für Urologie e.V. und die Deutsche Kontinenz Gesellschaft e.V. Harninkontinenz bzw. Blasenschwäche.
Harninkontinenz ist somit der Verlust über die Kontrolle, bewusst Harn zu lassen. Der Körper verliert die Fähigkeit, den Blaseninhalt zu speichern und den Zeitpunkt der Entleerung zu bestimmten. In der Folge kommt es zu unfreiwilligem Urinverlust.
Je nach Form der Inkontinenz unterscheiden sich die Symptome. Allgemeine Anzeichen dafür sind:
Blasenschwäche kann ganz verschiedene Ursachen haben und entsprechend wird zwischen mehreren Formen unterschieden. Die häufigsten sind Belastungsinkontinenz, Dranginkontinenz, Mischinkontinenz und Überlaufinkontinenz.
Typisch für die Belastungsinkontinenz (Stressinkontinenz) ist, dass es durch Druck auf die Harnblase zu unkontrolliertem Harnverlust kommt. Das passiert zum Beispiel beim Husten, Niesen, Lachen, Pressen, Anheben von Dingen oder bei körperlicher Betätigung. Die Ursache ist eine Störung des Blasenverschlusses oder eine geschwächte bzw. verletzte Beckenbodenmuskulatur, beispielsweise nach einer operativen Entfernung der Prostata bei Männern. Bei Frauen kann eine Belastungsinkontinenz auch durch einen Östrogenmangel nach der Menopause hervorgerufen werden.
Wie der Name schon verrät, verspüren Betroffene bereits bei geringer Blasenfüllung einen starken Harndrang. Dieser Drang kann sehr plötzlich und so stark auftreten, sodass ein Aufsuchen einer Toilette nicht mehr möglich ist und ein Einnässen nicht verhindert werden kann. Die Auslöser für diese Form der Inkontinenz sind unter anderem neurologische Erkrankungen (Parkinson, Alzheimer usw.), Blasenentzündungen und Blasensteine.
Von einer Mischinkontinenz wird gesprochen, wenn gleichzeitig eine Belastungs- und Dranginkontinenz vorliegen. Das bedeutet, dass Betroffene zum einen an einem starken Harndrang sowie an einem unkontrollierten Harnverlust bei Druckausübung auf die Blase leiden.
Bei einer Überlaufinkontinenz verspüren Betroffene einen großen Harndrang, können die Harnblase aber nicht vollständig entleeren. Ein typisches Kennzeichen dafür ist der tröpfchenweise Verlust von Urin. Die Blase kann aufgrund einer Abflussbehinderung, beispielsweise durch eine Prostatavergrößerung, Harnröhrenverengung, Fehlfunktion der Blasenmuskulatur oder Tumore, nicht entleert werden. Wird die Ursache nicht behoben, kann es zu einem Rückstau des Harns bis in die Nieren kommen, welche folglich Schäden davontragen können.
Es reichen oft schon Basisuntersuchungen aus. Hierzu gehören Anamnesegespräche, körperliche Untersuchungen sowie die Analyse des Urins. Auch Protokolle über das Trinkverhalten und Urinlassen (Miktionsprotokolle) helfen dabei, Klarheit über die Situation zu gewinnen. Ultraschalluntersuchungen der Harnblase sowie der Nieren sind ebenfalls gängige Methoden im Rahmen der Inkontinenzuntersuchungen. Sollte all dies nicht zu einer Aufklärung des Problems führen, kann zusätzlich eine Blasendruckmessung vorgenommen werden. Hierbei wird die Funktion von Blase und Schließmuskel überprüft. Mitunter werden zudem Röntgenbilder der Harnblase gemacht oder eine Blasenspiegelung vorgenommen.
Je nach Ursache kommen unterschiedliche Methoden der Therapie zur Anwendung. Liegen Erkrankungen, wie eine Prostatavergrößerung oder eine Blasenentzündung vor, können operative Methoden und Medikamente in Erwägung gezogen werden. Bei einer Belastungsinkontinenz, vor allem bei Frauen nach der Menopause, kann Östrogen verabreicht werden oder eine vaginale Elektrostimulation hilfreich sein. Hinsichtlich operativer Eingriffe können Methoden zur Erweiterung der Blase (eine sogenannte Blasenaugmentation) und gegebenenfalls auch ein Blasenersatz zur Anwendung kommen. Lassen Sie sich diesbezüglich umfassend von Ihrem Arzt zu Ihrer persönlichen Situation beraten.
Nicht zu vernachlässigen ist auch die Hautpflege. Durch die Harninkontinenz kann die umliegende Haut stark belastet und gereizt werden. Damit die Haut intakt bleibt, gilt es, regelmäßig die Haut auf Rötungen zu kontrollieren, sorgfältig zu reinigen und bei Bedarf mit Pflegeprodukten zu unterstützen.
Da Harninkontinenz eine fachübergreifende Herausforderung ist, beschäftigen sich verschiedene Spezialisten disziplinübergreifend mit diesem Thema. So können Sie sich sowohl an Urologen wenden, als auch an Gynäkologen, Neurologen, Radiologen, Allgemeinmediziner bzw. Ihren Hausarzt. Gebündelt an einem Ort lassen sich alle diese Instanzen in der Regel in sogenannten Kontinenz- und Beckenbodenzentren finden. Hier treffen Sie gebündelt auf alle für die Behandlung und Heilung von Harninkontinenz relevanten Facharztgruppen sowie spezialisierte Physiotherapeuten.
Wenn Sie zwei bis drei Tage vor Ihrem Arztbesuch ein sogenanntes “Miktions- und Trinkprotokoll” führen und anschließend zum Termin mitbringen, vereinfacht dies die Suche nach den Ursachen der Blasenschwäche ungemein. Das Protokoll stellt eine objektive Erfassung Ihres Trinkverhaltens und Harnlassens dar. Auf den Webseiten der Deutschen Gesellschaft für Urologie e.V. und der Deutschen Kontinenz Gesellschaft e.V. finden Sie einen Vordruck für dieses Protokoll.
Im Alltag wird das Thema Inkontinenz selten öffentlich besprochen, auch wenn es für die vielen Betroffenen von hoher Relevanz ist. Nicht zuletzt aufgrund des schüchternen Umgangs mit dem Thema und einer gewissen Arztscheu diesbezüglich, ist die tatsächliche Anzahl Betroffener nicht zu klären. Es ist wahrscheinlich, dass die Dunkelziffer von Blasenschwäche Betroffener noch viel höher ist.
Wer selbst vermutet, eine Blasenschwäche zu haben, sollte die Ursachen zeitnah mit seinem Arzt abklären und eine entsprechende Behandlung in die Wege leiten. Denn Ihnen kann hierbei in den meisten Fällen unkompliziert geholfen und die Inkontinenz auf Dauer geheilt werden. Dafür muss die Erkrankung jedoch beizeiten erkannt, klassifiziert und behandelt werden. Sollten Sie selbst nicht betroffen sein, sensibilisieren Sie Ihre (älteren) Angehörigen für dieses Thema. Und allgemein: Vorbeugen durch einen gesunden Lebensstil schadet nicht!